Kinder und Jugendliche sind gar nicht so politikverdrossen: Bis zum 15. Lebensjahr wächst sogar ihr Wunsch, sich zu engagieren. Das ändert sich erst in der Pubertät, zeigt eine neue Studie. Die Forderung an die Politik: Senkt das Wahlalter, damit ihr die Jugendlichen nicht verliert.

 

Ja, Politiker bemühen sich um junge Menschen, mal mehr, mal weniger natürlich. Sie besuchen Schulen und Jugendclubs, sie laden zu Kongressen ein und hängen bunte Plakate auf. Das Problem ist nur: Davon kommt bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland nicht so viel an, das zeigt eine am Donnerstag in Berlin vorgestellte Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes (Studie als PDF unten eingefügt). Demnach sagen zwei von drei Befragten: Die Bundesregierung interessiere sich zu wenig für das, was junge Menschen interessiert. Von der Kommunalpolitik fühlen sich fast alle sogar überhaupt nicht wahrgenommen.

Der Kinderhilfswerk-Präsident Thomas Krüger zeigte sich von den Ergebnissen beunruhigt: Viele Kinder hätten „zugemacht“, sagte er, und ließen politische Kommunikation nicht mehr an sich heran. Die meisten kannten nicht einmal den Namen des Bürgermeisters in ihrem Ort. „Die Politik muss auf allen Ebenen alles daran setzen, das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen wieder herzustellen“, forderte Krüger.

830 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren beteiligten sich deutschlandweit an der Studie. Die gute Nachricht: Bis zum 15. Lebensjahr steigt der Wille der Kinder, sich politisch zu engagieren. Dann, in der Pubertät, ist ein Bruch zu verzeichnen. Deswegen sollte die Politik über das Wahlalter nachdenken, sagt Krüger. „Man sollte die ersten Wahlerfahrungen nicht erst dann ansetzen, wenn der Bruch bereits vollzogen ist.“ Ziel müsse sein, Jugendliche dann wählen zu lassen, wenn sie politisch am meisten interessiert seien, also bereits mit 14 Jahren.

 

Weitere zentrale Ergebnisse der Studie:

  • Jeder zweite Befragte möchte sich überhaupt nicht politisch engagieren, nur neun Prozent würden in einer Partei mitarbeiten. Allerdings sagt jeder Vierte, er würde bei konkreten Projekten in der Stadt oder Gemeinde mitmachen. Jeder Fünfte sagte, er würde sich im Internet politisch engagieren.
  • 49 Prozent der Befragten wissen nicht, ob es in seinem Ort ein Jugendparlament gibt. 73 Prozent sagen sogar, sie wissen nicht, ob es ein Jugendbüro gibt. Gleichzeitig wünscht sich etwa jeder Zweite solche Einrichtungen.
  • Die Kinder und Jugendlichen informieren sich vor allem in der Schule, wo sie sich politisch engagieren können, das sagen 58 Prozent der Befragten. Gefolgt von Eltern (37 Prozent), Freunden (24 Prozent), Internet (14 Prozent) und Tageszeitungen (12 Prozent). Auffällig sei hier, dass sich Hauptschüler besser informiert fühlten, als Realschüler oder Gymnasiasten, sagte Krüger.
  • Etwa jeder zweite Befragte redet nur sehr selten oder nie mit seinen Eltern über Politik. Im Freundeskreis ist Politik noch seltener ein Thema.
  • Gerade in der Schule würden Kinder und Jugendliche sich gern stärker einbringen, die Mehrheit hat das Gefühl, dass sie hier nicht mitreden können. Etwa jeder Zweite äußerte aber den Wunsch, stärker mitzubestimmen.
  • 63 Prozent sind irgendwo Mitglied, die meisten (49 Prozent) in einem Sportverein. Die anderen engagieren sich beispielsweise in der Kirche, bei der Feuerwehr oder den Pfadfindern.

 

Ergebnisse__politisches_Engagement_von_Jugendlichen