Pressemeldung : Samstag, 24. September 2011

Kinderschutzfachtagung
„Traumatisierung und Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen“
Ort: Wilhelm-Kempf-Haus, Wiesbaden-Naurod
Zeit: 10-17.00 Uhr
„Alles muss raus!“ – mit diesen Worten führten Ilja Kamphues und Viktor Vössing vom
Frankfurter Autorentheater die Teilnehmenden einer Kinderschutzfachtagung ohne
Umwege mitten hinein in ein schwieriges Thema: Missbrauch. Sie versuchten aus der
Perspektive der Opfer von sexueller Gewalt Worte zu finden, für das, was mit ihnen
gemacht wurde und vermittelten eindrucksvoll, wie schwer dies für die Opfer ist. Manchmal
bleibt es ein Leben lang unmöglich.
Kann ich durch Gewalterfahrungen traumatisierte Kinder und Jugendliche erkennen? Und
wie gehe ich angemessen mit Ihnen um? Über diese Fragen haben dann gut 120
Teilnehmende an der Kinderschutzfachtagung nachgedacht. Dabei wurden sie anschaulich
und außerordentlich kompetent von zwei Expertinnen der Traumapsychologie und
Traumapädagogik in diese schwierige Thematik eingeführt: Dr. Marianne Rauwald, Leiterin
des Instituts für Traumabearbeitung und Weiterbildung in Frankfurt informierte anhand
anschaulicher Beispiele aus ihrer therapeutischen Praxis über Signale im Verhalten von
Kindern und Jugendlichen, die auf eine mögliche Gewalterfahrung hindeuten können. Wilma
Weiß, Fachleitung des Zentrums für Traumapädagogik in Hanau, vermittelte
wissenschaftlich fundiert Handlungsmöglichkeiten, die den von Gewalt Betroffenen helfen
können, sich trotz des erlebten Traumas von Objekten, denen Gewalt angetan wurde,
wieder zu selbständig handelnden Subjekten ihres eigenen Lebens zu entwickeln. Dabei kam
besonders deutlich noch einmal der Unterschied zwischen Therapie und Pädagogik zum
Ausdruck: Therapie will beim Aufarbeiten des Erlebten helfen. Pädagogik hilft, neue
Verhaltenstechniken im alltäglichen Leben zu erlernen. Den Teilnehmenden der Tagung, die
aus ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit zusammenkamen,
wurden zahlreiche neue Ideen und Impulse für ihre eigene Arbeit mit Kindern und
Jugendlichen vermittelt.

In vier Workshops gab es im Anschluss an die Fachvorträge die Möglichkeit, das Gehörte in
Handlungsoptionen für das jeweilige Arbeitsfeld umzusetzen: Schule, Kirche und andere
freie Träger, Berufsfelder aus dem Bereich der Medizin, Polizei, Justiz und
Jugendhilfeeinrichtungen sowie schließlich überwiegend ehrenamtlich tätige Gruppenleitende
aus Sportvereinen und Freizeiteinrichtungen diskutierten miteinander, wie sie
Hilfestellungen für Traumatisierte bieten können ohne sich dabei selbst zu überfordern. In
allen Arbeitsgruppen wurde eine stärkere Vernetzung gewünscht und es als besonders
bereichernd angesehen, auf der Tagung kompetente und engagierte Menschen aus ganz
anderen Arbeitsbereichen persönlich kennen zu lernen – entsprechend klar war die
Forderung nach einer stärkeren Ausbildung von Netzwerken in den Regionen, die schnell
und unbürokratisch in Verdachtsmomenten Hilfe für das eigene Handeln geben können. Als
besonders hilfreich wurde hierzu die Zusammensetzung der veranstaltenden und
teilnehmenden Organisationen gesehen, die in den alltäglichen Arbeitsvollzügen nur selten
miteinander in Kontakt kommen, sich aber gegenseitig neue Blickrichtungen eröffnen und
Lösungsansätze für die eigene Arbeit geben können.

„Weiter so“ wurde einhellig gewünscht nach einem bereichernden Tag, bei dem sich
Menschen aus so verschiedenen Arbeitsbezügen, ganz egal ob sie dort haupt- oder
ehrenamtlich tätig sind, und aus verschiedenen Altersgenerationen begegnet sind.
Betroffene, denen teils unaussprechliches Leid zugefügt wurde, brauchen die volle
Unterstützung von engagierten und einfühlsamen Menschen!

Die Tagung fand am 24.09.2011 im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden-Naurod statt und
war eine gemeinsame Veranstaltung von der Deutschen Kinderhilfe e.V., der Auerbach
Stiftung, dem Verein Sicheres Netzt hilft e.V., dem Verein WEISSER RING Landesverband
Hessen und der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau.

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